Wissen & Geschichte
Alles hat seine Zeit - und seine Geschichte. Wir möchten hier einen kleinen Überblick über den 177 Jahre alten Bahnhof und seine Meilensteine geben. Dabei verfallen wir nicht in Eisenbahnromantik - doch wissenswert ist es allemal! Quellen sind eigene Recherchen, Wikipedia, Sachsenschiene.de, Stadtverwaltung uvm. Viel Spaß bei schmökern.
[Bildquelle: https://www.sachsenschiene.net/bahn/sta/sta0067.htm ]
Geschichte Bahnhof Werdau
Starten wir mit dem historischen Teil, der folgende Text ist zu rund 80% von Wikipedia.
Der Bahnhof wurde 1845 eröffnet. Über das Bogendreieck südlich des Bahnhofes verläuft die Strecke nach Bayern in Richtung Reichenbach (Vogtland), Hof, München und Allgäu sowie Zwickau, Chemnitz und Dresden.
1876 wurde die abzweigende Bahnstrecke nach Wünschendorf eröffnet, auch Thüringer Waldbahn genannt. 1877 wurde dafür ein neues Bahnhofsgebäude errichtet, 1907 erhielt es einen Anbau. Er hat einen stuckverzierten Speisesaal, Eisenbahnerwohnungen, eine Gepäckstation und eine Bahnpoststation, außerdem gab es Wärterhäuschen.
Um 1900 wurde der Bahnhof umgebaut, die Strecke nach Wünschendorf wurde verlegt. Statt von Süden wurde sie von Norden in den Bahnhof eingeführt, außerdem wurde im Norden auch ein Überwerfungsbauwerk errichtet, wobei ein Gleis der Strecke nach Wünschendorf über die Strecke Plauen–Leipzig hinwegführte.
Werdau wurde Dreh- und Angelpunkt, ein wichtiges Zentrum mit Bahnbetriebswerk und Waggonbau. Ebenso gab es einen Lokschuppen. Werdau erblühte zu einer führenden Industriestadt.
Bereits 1987 hat der große Mitropa Saal bereits schließen müssen, nur der kleinere Saal wurde als Imbiss weiter betrieben.
1999 wurde der Personenverkehr nach Wünschendorf eingestellt. In der Folge wurde die Stilllegung der Strecke betrieben. Das Überwerfungsbauwerk nördlich des Bahnhofes wurde entfernt, über die Umgehungsstraße wurde keine Brücke angelegt, so dass die Strecke heute zwischen Werdau West und Werdau unterbrochen ist.
1999 wurde ein Elektronisches Stellwerk in Betrieb genommen und das historische Bahnhofsgebäude bis zum Jahre 2003 teilsaniert. Original erhalten blieben die Mitropahalle mit Ihren zahlreichen Stuckverzierungen, Holzvertäfelungen an den Wänden sowie drei große, alte Bahnhofsuhren. Der lange hölzerne Wandelgang aus den Anfangsjahren des Bahnbetriebes wurde mit einer eingezogenen Zwischendecke versehen, welche die historischen Holzdecken verbirgt. Die einstige Gepäckaufbewahrung und Königliche Bahnpoststelle wurde zu einem Bistro und Zeitungsladen. In der Durchgangshalle wichen die einstigen Fahrkartenschalter einem neuen Ticketpoint, welcher als Juniorfirma geführt worden war. Aufzüge und neue Toilettenanlagen wurden im Gebäude eingebaut. Büros sowie Schalträume wurden neu ausgebaut. Neue Bahnsteige gingen in Betrieb, welche für ICE-Züge ausgelegt sind und für die Interregiozughalte in Werdau, auf dem Weg nach Oberstdorf/Allgäu, mit Überlänge errichtet wurden.
Im Dezember 2013 fand ein großes Begrüßungsfest in der historischen Mitropahalle anlässlich des ersten Halts der S-Bahn Mitteldeutschland in Werdau statt. Organisiert und umgesetzt durch die Agendagruppe Umwelt und Verkehr Werdau wurde morgens um 6.11 Uhr die erste einfahrende S-Bahn durch Bürger der Stadt begrüßt.
In den Folgejahren wurde durch die Stadt Werdau intensiv nach dauerhaften gewerblichen Mietern für den Gebäudekomplex gesucht. Dabei gab es mehrere Interessenten und auch solvente Favoriten, z.B. war ein Handwerksbetrieb mit angeschlossener Fertigung ein aussichtsreicher Kandidat, auch mit bekannten Betreibern von gastronomischen Betrieben aus der Region. Hier hat sich ein potentiellen Mieter und Bauherr am Ende gegen den Bahnhof als Standort entschieden.
Die Erkenntnis war eindeutig, eine dauerhafte wirtschaftliche Nachnutzung hat sich nicht ergeben. Es scheint kein attraktiver Standort zu sein mit zu vielen "Nebenbaustellen" wie z.B. Vandalismus.
2014 erging ein Stadtratsbeschluss, wonach das historische Bahnhofsgebäude einem Haltepunkt mit ÖPNV-Nutzung weichen sollte, bei Baukosten im Gesamtvolumen von etwas über drei Millionen Euro. Noch im gleichen Jahr wurde, wiederum auf Initiative der Agendagruppe Umwelt und Verkehr, die historische Mitropahalle für "Talk im Bahnhof" genutzt. Ab 2015 fand dann einer der ersten Elektromobilitätstage sowie in Absprache mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz der Tag des offenen Denkmals statt. Der Denkmalschutz des Bahnhofes wurde 2016 aufgehoben. Sehr viele Bürger haben sich in einer Petition für den Erhalt des Bahnhofsgebäudes eingesetzt. 2016 gründete sich der Bürgerverein Wir in Werdau Süd, der sich ebenfalls für den Erhalt stark machte. Der Verein wurde in Entscheidungen und Planungen eingebunden und informiert. Doch auch durch die Zusammenarbeit konnte kein wirtschaftlich tragfähiges Konzept entstehen.
In Diskussionen im Jahr 2022 z.B. in der Facebook Gruppe "Werdau - unsere Heimat" wurde angeregt diskutiert. So kam bspw. die Frage auf, was denn ein zeitgemäßer Neubau des Bahnhofes sein solle, was diese bedeuten würde.
Hierzu ein Zitat als Erklärungsversuch:
Ein "zeitgemäßer" Neubau wird an den aktuell vorliegenden und zu erwartenden Kennzahlen gemessen. Auch muss er Wirtschaftlichkeitsprüfungen bestehen. Leider spielen hier Wünsche oder Ideen keine Rolle. Städte müssen gegenüber Ihren höheren Behörden genau rechnen, planen, beweisen und entscheiden, sonst werden z.B. Fördergelder als Strafmaßnahme nicht ausbezahlt usw.
Eine solche Entscheidung hat unter anderen folgende Messwerte:
*finanzielle Situation der Stadt (kann sie "sich richtig gönnen" oder ist sie zum sparen gezwungen)
*angepasst an die tatsächliche Passagierzahl (in Werdau sehr niedrig, unter 1000 / Tag und Tendenz weiter sinkend. )
*angepasst an die Umgebung (Bahnhof ist nicht zentral gelegen, im Gegenteil, auch noch in einer "Sackgasse", sehr ungünstig weil keine Laufkundschaft durch Fließverkehr)
*angepasst an die Aufenthaltsqualität und Kaufkraft in der Umgebung (Bahnhofstraße zb. hat extrem hohen Gewerbeleerstand, keine Gastro)
Alles in allem muss die zukünftige Lösung also kompakt und kostenbewusst sein.
Anders wäre das, wenn der Bahnhof im Stadtzentrum liegen würde. Es gibt ja einige Städte, wo das passt, dort sind dann auch Gastro und Bibliothek usf. untergebracht.
Nun lassen wir das wirken und freuen uns auf ein Wiedersehen am Wochenende 10.-12.06.2022!
Nachwort in eigener Sache:
Alle Personen die in diesem Projekt "Bahnhof Werdau Abschiedsfest" involviert sind, befürworten den Umbau und damit auch den Rückbau bzw. Abriss. Wir bieten keine Plattform für Grundsatzdiskussionen, denn es ist politisch und wirtschaftlich beschlossene Sache. Wir machen jetzt nur noch das beste daraus. Wir fokussieren uns voll und ganz auf ein unvergessliches Wochenende im Bahnhof. Eine Utopie für 48h.
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